Stefan Brand – der Brandstifter – ist in den unterschiedlichsten künstlerischen Disziplinen tätig; seine Arbeit umfaßt Performance Art, Klanginstallationen, Musik, Collagen, Fundstücke, Künstlerbücher, Mail Art, Video und Film. Trotz der unterschiedlichsten Medien und der verschiedenen Materialien ist doch immer wieder eine eigene Handschrift zu erkennen. Sie zeichnet sich aus durch einen hintergründigen, aber pointierten Humor und die Infragestellung von gesellschaftlichen Konventionen.
Kommunikation und Transformation sind zentrale Elemente in seiner Kunst, die ganz in Avantgarde-Tradition anstrebt, die Trennung von Kunst und Lebenspraxis aufzuheben. Aktionen wie »Die eigene Partei« und »Privatsphäre« leben von der direkten Interaktion mit dem Publikum und zielen darauf, dem Publikum über den Zeitraum der Aktion hinaus zu motivieren, selbst künstlerisch aktiv zu sein. »Die eigene Partei« vertritt einen radikal demokratischen Kunst- und Politikbegriff in der Tradition von Joseph Beuys. Die Teilnehmenden werden dazu aufgefordert, ihre eigene Ein-Personen-Partei zu gründen, wodurch sich die Performance verselbständigt, zu wuchern beginnt und letztlich den Händen des Initiators selbst entgleitet.
Die »Asphaltbibliothek« – bestehend aus Fundstücken wie Einkaufszettel, Mitteilungen der Hausverordnung an die Mieter etc. – zeigt, wie poetisch und vielschichtig eine an sich einfache Idee durch künstlerische Neuanordnung werden kann: Das an sich Banale wird durch die Neukombination des Künstlers zu einer Erzählung, die dem Alltäglichen den Reiz des Geheimnisvollen verleiht. Welche Menschen steckten hinter all diesen Texten? In welcher Beziehung stehen sie zueinander? Brandstifter versteht es, das Profane mit Poesie aufzuladen und motiviert damit auf anarchisch verspielte Weise, die alltägliche Welt als frei gestaltbares Kunstwerk zu begreifen.
In einer Zeit, wo Kunst sich verstärkt den Individualmythen oder einem strengen Formalismus verschrieben hat, ist der politische, basisdemokratische Ansatz von Brandstifter – nicht zu vergessen seine verdienstvolle Arbeit als Initiator von künstlerischen Netzwerken – von enormer Bedeutung. Er erinnert uns an die soziale Funktion der Kunst.
Martin Büsser ist studierter Kunsthistoriker (MA). Er arbeitet als Kunstkritiker für zahlreiche deutsche Tageszeitungen und Monatszeitschriften, ist Buchautor (u.a. »Lustmord – Mordlust« über das Sexualverbrechen als ästhetisches Sujet in der Kunst des 20. Jahrhunderts) und Verleger.